Die fragliche Wache vor dem klimabedingten Terrorangriff (Bildquelle) |
Stellen Sie sich vor, es läuft ein Film. Allerdings sieht und hört die eine Hälfte der Zuschauer etwas ganz anderes als die andere Hälfte. Während erstere im Film bürgerkriegsähnliche Zustände sehen und es mit der Angst zu tun bekommen, weil sie dazu „Allahu Akbar“ Geschrei hören, so sieht die zweite Hälfte einen Stummfilm voller sozialer Benachteiligungen und harmlosem jugendlichem Überschwang aufgrund der sommerlichen Temperaturen. Dieser Film, er heißt „Frankreich 2019“ und wir in Deutschland sitzen in der ersten Reihe.
Le Figaro: Polizeiwache in Eure unter Allahu Akbar Geschrei angegriffen
Etwa fünfzehn
Menschen warfen in der Nacht von Donnerstag auf Freitag im
Departement Eure südlich von Rouen Geschosse, Böller und
Pflastersteine auf eine Polizeiwache und beleidigten die zu Hilfe
gerufenen Polizisten.
Die Szene war
beängstigend. In der Nacht von Donnerstag auf Freitag wurde die
Polizeistation von Val-de-Reuil-Louviers (Eure) südlich von Rouen
von einer Bande junger Leute bestürmt. Gegen zwei Uhr morgens
griffen etwa fünfzehn mit Kapuzenpullovern ausgestattete Personen
das Gebäude an, indem sie eine große Anzahl von Geschossen warfen,
unter denen sich auch schwere Böller befanden, so die
Polizeiberichte, die Le Figaro vorliegen. Auf von uns eingesehenen
Aufnahmen von Überwachungskameras sind zwei Wachen zu erkennen, die
versuchen, die Würfe der Angreifer mit Hilfe von Schilden
abzuwehren. Nur in normale Hemden bekleidet schienen die Beamten
überhaupt nicht auf einen derartigen Angriff vorbereitet gewesen zu
sein. Man sieht dazu Rauch, „Pyrotechnik“ in allen Farben und
Pflastersteine, die in Richtung der Polizisten fliegen.
Einzelne Personen
unter den Angreifern schienen wildentschlossen, die Polizeistation zu
betreten. Der Angriff soohl gegen die Beamten als auch gegen das
Gebäude dauerte in etwa eine halbe Stunde. Die Polizei reagierte mit
dem Einsatz von Tränengas, bevor die Bereitschaftspolizei (BAC) und
der Direktion für öffentliche Sicherheit (DDSP) als Verstärkung
eintrafen. Gegen 2:30 Uhr kehrte schließlich wieder Ruhe ein. Beamte
wurden keine verletzt, allerdings wurden einige Sachschäden
gemeldet: Drei eingeworfene Fenster und ein Fahrzeug beschädigt.
„Komm raus, wir werden dich abfackeln.“
Gegen die Anführer
des Angriffs wurden Ermittlungen eingeleitet wegen der „vorsätzlichen
Beschädigung von öffentlichem Gebrauchseigentum“, sowie wegen der
„vorsätzlichen Gewalt gegen Personen und gegen die öffentliche
Autorität“. Ein ergänzender Polizeibericht, der ebenfalls von Le
Figaro eingesehen wurde zeigt, dass mehrere Beamte während des
Angriffs „Allah Akbar“ Rufe hörten. Daneben riefen die
Angreifer: „Französische Motherfucker“ und „Komm raus, wir
werden dich abfackeln“, um dann schließlich zu fliehen, wie es im
Dokument heißt. Am Tatort wurden laut Bericht Überreste von 115
Geschossen gefunden.
Der Angriff löste
in Sicherheitskreisen wütende Proteste aus. In einer Erklärung vom
Freitag verurteilte die Polizeigewerkschaft den Angriff als
„beispiellose Gewalt“. Unter Bezugnahme auf „Polizisten am Ende
ihrer Kräfte, die kurz vor dem Burnout stehen“, zeigt sich die
Gewerkschaft besorgt über die „untragbare“ Situation der
angegriffenen Polizeiwache in Eure, der es notorisch an Personal und
Ressourcen mangelt. Laut einer von Le Figaro kontaktierten
Gewerkschaftsquelle, war das selbe Gebäude schon im Juli 2018 Ziel
eines ganz ähnlichen Angriffs.
Am Samstag
verurteilte das Rathaus die nach dem Angriff ausgestrahlten
Übertreibungen, Gerüchte und Fake News: „Wenn etwas an der
Situation explosiv scheint, dann ist es die soziale Situation rund um die
Wache“, so eine Verlautbarung aus dem Rathaus, das den Vorfall
missbraucht sieht als Vehikel, um „um das große Elend für die Polizei
der vier Großstädte in Eure herauszustellen und zu verstärken“.
Die Stadt bezieht sich in ihrer Äußerung auf „einen begrenzten
Vorfall, der leider alltäglich geworden ist, wenn die Hitze des
Sommers dazu führt, dass junge Menschen auf der Straße bleiben“,
so die Worte des sozialistischen Bürgermeisters Marc-Antoine Jamet.