Aufwärts gehts! (Bildquelle) |
Viele munkeln es bereits seit einiger Zeit, dass es demnächst losgeht mit der Talfahrt der Weltwirtschaft. Die beiden wichtigsten Protagonisten sind dabei zum einen die EZB mit ihrer Nullzinspolitik, mit der sie die Banken des Euroraumes in hochverzinste türkische Staatsanleihen trieb. Der zweite Protagonist heißt Erdogan, der nach Maßgabe der Unvernunuft das Vertrauen in sein Land unterminiert und damit der türkischen Lira schadet. Diese wertet immer stärker ab und je weniger wert sie ist, desto weniger bekommen die Banken der Eurozone dringend benötigte Liquidität von dort. Im Erstfall bliebe der EZBnur noch das volle Öffnen der Geldschleusen, an deren Ende der Zusammenbruch der gesamten Weltwirtschaft steht.
ZeroHedge: „Die Situation ist viel schlimmer als erwartet“ - Türkische Lira auf Talfahrt, nachdem die türkische Zentralbank die Stützungskäufe beendet; Währungsreserven schmelzen weg
Was bis heute Morgen
wirkte wie ein unruhiger Schlaf für die türkische Lira, entwickelte
sich seitdem zu einem ausgewachsenen Albtraum.
Während die
türkische Zentralbank (CBRT) ihren Tageszinssatz, den wöchentlichen
Reposatz und den Liquiditätsfensterzinssatz unverändert bei 25,5 %,
24 % bzw. 27 % belassen hat, so fehlt im neuesten
Bericht der CBRT eine zentrale Passage ihrer bisherigen
Geldpolitik: Es geht um die bislang bestehende Zusage der
Zentralbank, bei Bedarf „zusätzliche Straffungen“ vorzunehmen -
also zur Stützung des Lirapreises Fremdwährung und vor allem
US-Dollar zu verkaufen. Damit ist die Verteidigung der Lira durch
den türkischen - die laut Bloomberg die CBRT in den letzten
Märzwochen zwischen 10 und 15 Milliarden Dollar gekostet hat - nun
offiziell null und nichtig.
Das für die
türkische Geldpolitik verantwortliche Gremium hat dazu auch seine
Prognosen angepasst und erklärt, dass die geplanten Maßnahmen
„entschlossen sein werden, mit denen die Inflation im Einklang mit
dem angestrebten Lirakurs zu halten“. Wie schon bei der BOJ und der
schwedischen Riksbank interpretierten Marktanalysten diese Änderung
in der offiziellen Sprachregelung als ein Einknicken der Zentralbank
vor den übermächtigen Realitäten.
„Das ist viel
schlimmer als erwartet und unterstreicht die Perspektive, wonach die
Geldpolitik insgesamt aus den Fugen geraten ist“, so Win Thin,
Leiter für die globale Währungsstrategie bei Brown Brothers
Harriman. „Es signalisiert, dass der Wille zur Stabilität in der
Zentralbank effektiv gebrochen wurde, da keine vernünftige
Zentralbank der Welt der Türkei in der Lage, in der sie sich gerade
befindet noch helfen würde.“
Viele andere waren
vergleichbar verblüfft über die plötzliche strategische Wendung
bei der CBRT, wobei der Ökonom Timothy Ash die Frage aufwarf, „warum
die CBRT überhaut erst den Hinweis auf eine weitere Verschärfung
bei Bedarf streichen würde“ ,da es keine Hinweise für
Entwicklungen gibt, die diesen Wandel rechtfertigen würden.
Ash fügte hinzu:
„Die einzig logische Erklärung für diesen Schritt ist, dass die
CBRT wieder unter politischen Druck geriet und es von außen
veranlasst wurde. Allerdings wird das ihre Probleme nur noch
verschlimmern. Ich sehe immer noch keine Rechtfertigung in den Daten
für diese Änderung.“
Wie Bloomberg
anmerkt hatte Zentralbankchef Cetinkaya zugesagt, vor der Zinssenkung
auf eine „überzeugende“ Verringerung der Inflation zu warten,
was aber aufgrund des Absackens der Lira nicht möglich war.
Inzwischen sind
Investoren überaus skeptisch hinsichtlich der türkischen Währung,
da die Zentralbank kaum überzeugende Erklärungen für ihre Politik
liefern kann, und die getroffenen Maßnahmen einen Hinweis darauf
geben, dass es nicht gut steht mit den Finanzen des Landes.
Noch vor der
heutigen Ankündigung durch die CBRT hat die Lira in diesem Monat von
allen Währungen weltweit am stärksten und um über 6% gegenüber
dem Dollar abgewertet. Unterdessen herrscht ein starker Preisdruck,
da die Inflation immer noch fast viermal so hoch ist wie das
offizielle Ziel von 5 Prozent – das, obwohl die Wirtschaft im
vergangenen Jahr in ihre erste Rezession seit einem Jahrzehnt
eingetreten ist.
Und nun, da die
Zentralbank ihre Bemühungen gegen stark ansteigende Inflation
offiziell eingestellt hat, verlagert sich der Fokus auf die
Devisenreserven der Zentralbank.
Wie die FinancialTimes berichtete, fielen die Hartwährungsreserven der Türkei letzte
Woche um weitere 1,8 Milliarden Dollar, was „die sich
verschlechternden finanziellen Abwehrkräfte des Landes unterstreicht
und den Druck auf die Zentralbank erhöht, ihre undurchsichtigen
Buchhaltungsmethoden offenzulegen“.
Insbesondere sanken
die Netto-Währungsreserven in der Woche bis zum 19. April auf 26,9
Milliarden US-Dollar, gegenüber 28,7 Milliarden US-Dollar in der
Vorwoche, wie neue Daten der türkischen Zentralbank zeigen. Die
Nettoreserven ohne Banktausch sind jedoch auf nur noch 14,9
Milliarden Dollar gefallen, eine Zahl, die das Land vielleicht nicht
einmal einen Monat lang halten wird, falls sie trotz der Ankündigung
weiterhin die Lira zu stabilisieren versuchen wird, was wiederum
darauf hindeutet, dass eine Rettungsaktion des IWF jetzt
unvermeidlich sein könnte.
Eine solche
Intervention durch den IWF würde selbstverständlich bedeuten, dass
die Lira schließlich zweistellig gegenüber dem Dollar an Wert
verlieren würde.
Unterdessen sagte
eine türkische Analystin eines großen internationalen
Finanzinstituts, die aus Angst vor Vergeltungsmaßnahmen durch
Erdogan anonym bleiben wollte, gegenüber der FT, dass die
schwindenden Devisenreserven auf eine „Verwundbarkeit des Landes
gegenüber externen Faktoren auf einem Niveau liegt, das wir noch nie
zuvor gesehen haben“. Sie bezeichnete die Situation als „echten
Test“ dafür, ob ausländische Investoren weiterhin in dem Land
investieren werden, obwohl es von einem starken Wirtschaftsabschwung
betroffen ist und untter einer Inflation von fast 20 Prozent leidet.