Trump lächelt über die Freude der Damen in weiß (Quelle: Bildschirmfoto) |
Wer hätte das gedacht! Die „State of the Union“ Rede des Präsidenten vor dem US-Kongress ist eine Show, wie sie typisch ist für Amerika. Der Präsident besucht die Legislative, erzählt dort über seine Erfolge und wie toll die USA sind und alle haben sich jenseits der politischen Lager für eine Stunde lieb. Mit Trump jedoch als bei der Opposition völlig verhasstem Präsidenten sollte es anders kommen – sollte. Zunächst drohte sogar der Ausfall der Rede aufgrund des „Government Shutdowns“. Trump aber beschloss rechtzeitig, sich das Recht auf die Rede politisch zu erkaufen und er nutzte die Gelegenheit in der ihm typischen unerwarteten Brillianz.
The Spectator: Trump spaltet. Er spaltet seine Opposition.
Donald Trump,
Präsident der Einigung - klingt irgendwie falsch, oder? Trump ist,
wir alle wissen es, er ist ein Spalter. Unter seiner Regierung hat
sich Amerika bis zum Wahnsinn polarisiert. Demokraten und
Republikaner verachten sich gegenseitig, ein Kulturkrieg wütet,
vernünftige Menschen spekulieren über einen weiteren Bürgerkrieg.
In seiner Rede zur
Lage der Nation am Dienstag sprach Trump jedoch davon, sein Land
zusammenzubringen. Er wird nie ein eleganter Redner sein, aber "SOTU
19" war objektiv eine gute Rede: Seine Autoren verwoben
geschickt amerikanische Themen wie Optimismus und Erfolg in eine
politische Herausforderung für die Demokraten. „Millionen unserer
Mitbürger beobachten uns“, sagte er, „in der Hoffnung, dass wir
nicht als zwei Parteien, sondern als eine Nation agieren“. Man
könnte es als One Nation Trumpism bezeichnen.
Trump versuchte
großherzig zu klingen. Er war positiv, patriotisch, weniger
prahlerisch. „Der Zustand unserer Union ist stark“, sagte er.
„Das ist gut.“
Am effektivsten
brachte er dabei die Demokraten in die Defensive. Die Sprecherin des
Hauses, Nancy Pelosi und ihre Legion neuer Kongressabgeordneterinnen
wählten als Kleidungsfarbe "Suffragette White" als eine
augenfällig Aussage gegen Trumps Versuch, „den Fortschritt der
Frauen zurückzudrängen“, wie sie es ausdrückten. Sie fielen auf,
aber Trump spielte geschickt mit ihrer Entschlossenheit, nicht zu
applaudieren. Würden sie klatschen, wenn der Präsident die Rückkehr
von 600.000 Industriearbeitsplätzen auf US-Boden verkündete? Nein.
Was ist mit der niedrigsten historischen Arbeitslosenquote für
Schwarze? Nein. Behinderte Menschen mit mehr Arbeitsplätzen als je
zuvor? Kaum.
Nachdem Trump
erklärte, dass Amerika jetzt mehr Frauen in der Belegschaft hat,
wussten die Demokraten alle, dass sie für die Schwesternschaft
stehen müssen. Das hättest du nicht tun sollen", sagte Trump,
nicht ohne Charme. Er fügte hinzu: "Setz dich noch nicht hin.
Das wird dir gefallen - wir haben auch mehr Frauen im Kongress als je
zuvor. Das ganze Haus brach unter Applaus für die neuen Mädchen
aus, die sich selbst gratulieren konnten.
Es geht nur um
Theatralik. Die State of the Union ist - wie viele amerikanische
Shows - wunderbar, sentimental, schnell vergessen. Reagan ist schuld
daran, der sie als erstes in Kitsch verwandelte. Heute verbringen die
Präsidenten einen Großteil der Rede mit den "Alltagshelden",
die sie eingeladen haben, auf der Tribüne zu sitzen. Diese Helden
müssen dann stehen bleiben, während der große Häuptling sagt, wie
sehr Amerika sie ehrt. Das geht viel zu lange so - Trumps Rede in
diesem Jahr gilt als die zweitlängste aller Zeiten. Es ist auch eine
gute Portion Fremdschämen dabei, aber das alles passt zu Trumps
Stil. Stellen Sie sich als Vergleich einfach vor, die „Pride of
Britain“ Auszeichnungen würden im Unterhaus von Piers Morgan
verliehen [einem bekannten Fernsehmoderator], wenn er König wäre.
Ein launiger Kommentar dazu von Sargon of Akkard
Es gab viel Gerede
in den Sozialen Medien über Melania Trumps Entscheidung, Joshua
Trump zur Teilnahme einzuladen. Dieser ist ein 11-jähriger Junge,
der in der Schule schikaniert wurde, weil er einen Nachnamen mit der
Präsidentenfamilie teilt. Zum Glück erniedrigte Trump Josua nicht
noch mehr, indem er dem ganzen Land erzählte, wie er gequält wurde;
der Junge schlief während der Rede ein.
Trump hatte auch
Grace Eline eingeladen, eine Zehnjährige, die eine Krebserkrankung
überwand, die neben Melania sitzen durfte. Er zwang bei ihrer
Nennung die Demokraten geradezu, ebenfalls in den Applaus
einzustimmen und nur kurz darauf war es wieder so weit, als Trump
das Recht auf bezahlten Familienurlaub ankündigte - „so dass jeder
neue Elternteil die Chance hat, eine emotionale Bindung mit dem
Neugeborenen zu entwickeln“.
Dann aber schwenkte
er scharf um und sprach Abtreibungen an, die in letzter Zeit fester
Teil der amerikanischen Nachrichten sind. „Es könnte keinen
größeren Kontrast zu dem schönen Bild einer Mutter geben, die ihr
Baby das erste Mal hält, als die fürchterlichen Bilder, die unser
Land in den letzten Tagen sehen musste“, sagte er. Es ging um „das
Parlament in New York, das mit Freude über die Verabschiedung eines
Gesetzes jubelte, mit dem es möglich wird, dass ein Baby kurz vor
der Geburt aus dem Mutterleib gerissen wird. Das sind lebende,
fühlende, schöne Babys, die nie die Chance bekommen werden, ihre
Liebe und Träume mit der Welt zu teilen.“ Das mag für diejenigen,
die Abtreibung für keine große Sache halten sentimental klingen.
Aber es legte den Abtreibungsfanatismus offen, von dem die
Demokratische Partei in jüngster Zeit erfasst wurde. Die Frauen in
Weiß wirkten wütend aus.
In der Tat, Trump
spaltet, aber seine Fähigkeit die Opposition zu spalten ist einer
der Gründe, warum er ein beeindruckender Politiker ist. Als er
sagte, dass wir „heute Abend unsere Entschlossenheit bekräftigen,
dass Amerika nie ein sozialistisches Land sein wird“, hätte er die
Demokraten endgültig in der Ecke. Die hinter ihm stehende Pelosi
erkannte, dass sie klatschen musste, und so tat sie es, wenn auch
widerstrebend. Die ihre Partei zunehmend dominierenden Linksradikalen
waren nicht begeistert.
Beim
Einwanderungsthema versuchte Trump, seinen Gegnern seinen Ansatz zu
verdeutlichen: „Kein Thema veranschaulicht die Kluft zwischen der
amerikanischen Arbeiterschicht und der amerikanischen politischen
Klasse besser als die illegale Einwanderung.“ Trumps Besessenheit
vom Bau einer Mauer lässt sich gut und gerne als Wahnidee
bezeichnen. Auch in seiner Rede am Dienstag allerdings sprach er sich
vielleicht wie noch nie für eine Grenzbarriere aus, betonte aber
auch seine Begeisterung für legale Einwanderung. „Ich möchte,
dass mehr Menschen denn je in unser Land kommen“, sagte er, eine
Bemerkung, die seine Hardcore-Fans alarmierte. „Aber sie müssen
legal reinkommen. Ist das wirklich so unvernünftig?“
Trump versuchte
auch, seinen Herrschaftskomplex zu bändigen. Es gelang ihm nicht
immer: „Wäre ich nicht zum Präsidenten der Vereinigten Staaten
gewählt worden“, behauptete er, „dann würden wir meiner Meinung
nach jetzt in einem großen Krieg gegen Nordkorea stehen, in dem
möglicherweise Millionen Menschen getötet würden“. Aber er hat
Amerikas Erfolge auch Amerika selbst zugeschrieben - und nicht nur
Donald Trump. Dazu verwies er auf viele beeindruckende Statistiken
zum aktuellen Wirtschaftsboom unter seiner Führung. Egal, wie sehr
sie es auch versuchten, die eifrigen Faktenprüfer der Mainstream
Medien konnten seine Zahlen nicht gänzlich als unhaltbar abwerten.
Fragt man seine
Feinde, dann war Trumps zweite Staat der Union Rede mehr seine erste
Rede für den kommenden Wahlkampf von 2020, und falls dem so war,
dann war es eine mächtige Wahlkampfrede. Trump artikulierte eine
optimistische Vision für Amerika, während die Demokraten über
nichts als das Elend sprechen, das er ihres Erachtens verursacht. Er
ist es, der immer wieder die Opposition zur Zusammenarbeit einlädt,
sie aber wollen ihn nur zerstören.
Präsident Obama
hatte das gleiche Problem, und er hat diese Situation zu seinem
Wahlvorteil genutzt. Der Kongress hat eine viel niedrigere Zustimmung
als der Präsident. Indem er sich als Anführer ausgibt, der Amerikas
Wunden heilen will (versuchen Sie nicht zu lachen), könnte sich für
Trump tatsächlich als ein Weg entpuppen, der seine Popularität
steigern wird. Ein solcher „One Nation Trumpismus“ wäre nur
schwer zu schlagen.