21. Februar 2019

Kennen Sie Pinkwashing? Sie sollten es, Sie rassistischer, kackbeschissener Kapitalistennazikotzbrocken!



Pinkwashing gibt es auch als Performance Kunst (Bildquelle)

Wieder einmal vollzog Präsident Trump eine elegante Volte, die seine Kritiker eiskalt dastehen ließ. Er begann unter Federführung seines deutschen Botschafters Grenell eine weltweite Kampagne mit dem Ziel, die Homosexualität zu entkriminalisieren. Trump selbst war nie ein Gegner des gleichgeschlechtlichen Sexualität, es war vielmehr der wertkonservative Flügel seiner Partei, der sich in der Vergangenheit quergestellt hat. Das ist inzwischen vorbei. Allerdings ist auch die Schwulenfreundlichkeit der politischen Linken vorbei – also wenn sie vom falschen kommt. Dann ist es „Pinkwashing“ und böse.



Pinkwashing, der neue Catch22



Der Begriff ist mir erstmals über den Weg gelaufen, als Israels Oberstes Gericht entschied, homosexuelle Ehen komplett die selben Rechte einzuräumen wie klassischen Ehen. Darunter das Adoptionsrecht und Steuervergünstigungen. Für ein Land, das strukturell politisch deutlich rechts ist und eine nicht gerade kleine Gemeinde religiöser Fundamentalisten beheimatet, ist das ein ziemlich dickes Ding.

Die Kriminalisierung von Homosexualität ist eine Sache, deren volle Gleichstellung zur Ehe zwischen Mann und Frau eine andere. Trotzdem kam es in Israel dazu, die Politik akzeptierte es und in der Gesellschaft als ganzes gab es keine Proteste.

Keine Proteste? Nicht ganz. Es waren ausgerechnet dezidierte Linksausleger unter den politischen Aktivsten, die dem Staat ein „Pinkwashing“ vorwarfen. Dabei handelt es sich um eine Wortschöpfung aus „pink“ - stehend für schwul/bunt - und „whitewashing“, einem rassitischen Akt weißer Überlegenheit zur Dominanz anderer Wertvorstellungen.

Israels Staatsführung, so das Argument, ist gar nicht für Schwulenrechte. Insgeheim würden sie diese am liebsten in KZs stecken und ausrotten. Die Vergabe voller Eherechte an Schwule sei nur ein durchsichtiger Versuch, die linksliberale Schwulengemeinde und ihre Freunde in das rechte politische Lager zu ziehen. Denn dann hätten sie mehr Macht und könnten die Schwulen noch viel einfacher zu einem späteren Zeitpunkt auf dem Scheiterhaufen verbrennen.

In etwa so ging das Argument damals. Es war vergleichbar mit dem Rassismusvorwurf durch linke Palästinafreunde in Richtung der israelischen Armee. Deren Soldaten hatten damals das Verbrechen begangen, bei der zeitweiligen Besetzung von Gaza keine einzige Vergewaltigung vorzunehmen. Israelische Soldaten taten das nicht, weil sie viel zu rassistisch sind, um sich an einer der armen und unterdrückten (aber doch auch hübsch-erotischen) Palästinensermädchen zu vergehen. „Rapewashing“ wäre ein passender analoger Begriff dazu.

Unterm Strich bedeutet dies, dass egal was man macht, so lange man der falschen politischen Seite angehört, macht man es falsch. In genau dieser Manier äußerte sich nun das Schwulenmagazin Out. Trumps globale Kampagne zur Entkriminalisierung von Homosexualität, die geleitet wird von dem von ihm berufenen Botschafter in Deutschland - dem offen in einer schwulen Beziehung lebenden Richard Grenell – ist nichts anderes, als ein „falscher rassistischer Taschenspielertrick“. Lesen Sie selbst...



Out: Trumps Plan zur Entkriminalisierung von Homosexualität ist ein alter, rassistischer Trick



Die Trump Regierung beginnt gerade eine globale Kampagne, um Homosexualität in Dutzenden von Ländern zu entkriminalisieren, in denen Antischwulengesetze immer noch aktuelle Politik sind, wie ABC News am Montag berichtete. Auch wenn die Kampagne oberflächlich wirkt wie eine atypisch positive Entscheidung durch Trumps Regierung, so erzählen die Details der Kampagne eine ganz andere Geschichte. Anstatt nämlich dafür einzutreten, um homosexuellen Menschen auf der ganzen Welt zu helfen, sieht die Kampagne eher aus wie ein weiterer Versuch der Rechten, homosexuelle Menschen als Bauern im Schachspiel zu missbrauchen, die ihnen mehr Macht verleihen sollen, damit sie endlich ihre wahre Agenda verwirklichen können.

Man muss es gar nicht mehr wirklich erwähnen, dass die Trump Regierung im Inland keine allzu positive Menschenrechtsbilanz aufweist, wenn es um LGBTQ+-Fragen geht. Die Aktivistengruppe GLAAD hat aufgezeichnet, wie oft die Regierung LGBTQ+ Menschen geschadet hat, von ihrem Verbot von Transsexuellen beim Militär angefangen, bis hin zur Rücknahme von Plänen, in derVolkszählung 2020 eine LGBTQ Kategorie aufzunehmen. Und vor dem neuen schlecht durchdachten Plan zur Bekämpfung von HIV/AIDS hatte Trumps Regierung eine abgründige Bilanz beim Kampf gegen den Virus.

Das aufschlussreichste Detail des Berichts von NBC News ist, dass sein Plan homophobe Gewalt im Iran in den Mittelpunkt rückt, ein Land, das von NBC News als der „größte geopolitische Feind“ Amerikas“ bezeichnet wird. Der Plan soll vom US-Botschafter in Deutschland, Richard Grenell, der auch der ranghöchste schwule Beamte der Regierung ist angeführt worden sein; dies als Reaktion auf die Nachricht, dass vor kurzem im Iran ein junger schwuler Mann gehängt wurde. Grenell hat den Iran seit einiger Zeit im Auge und erst vor einer Woche versuchte er, mehrere europäische Nationen unabhängig von der Haltung des Landes zur Homosexualität dazu zu bringen, Sanktionen gegen den Iran zu verhängen.

Homosexualität ist im Iran seit der theokratischen islamischen Revolution von 1979 illegal. Zumindest laut eines Artikels im Guardian hat sich die Durchsetzung der Antischwulengesetze im Iran seit dem Ausscheiden von Präsident Mahmoud Ahmadinejad im Jahr 2013 etwas abgeschwächt. Homosexualität, so der Autor, sei „ein offenes Geheimnis“ und die meisten schwulen Menschen fürchten homophobe Reaktionen von Mitbürgern mehr als die Behörden.

Grennells plötzliches Interesse an der Homosexualität im Iran ist auffallend ähnlich wie Trumps Rhetorik nach dem Anschlag von 2016 auf den Schwulenclub Pulse in Orlando. Nach der tödlichen Schießerei nutzte Trump die 49 Todesfälle als Gelegenheit, um Unterstützung für eine antimuslimische Agenda zu sammeln - anstatt einen Weg zu finden, LGBTQ+ Menschen zu unterstützen. Als er auf Einwanderungsbeschränkungen und ein muslimisches Einreiseverbot drängte, meinte Trump sogar, er sei der wahre Pro-LGBTQ+-Kandidat. Anstatt diejenigen zu ehren, die starben nutzte Trump die Tragödie als Mittel, um die Angst des amerikanischen Volkes zu schüren, und Grennell macht ganz ähnliches beim Thema Iran – er versucht, ein wirtschaftliches Ziel zu erreichen, indem er die Gegner seines Präsidenten als schwulenfeindlich bezeichnet.

„Wir wissen, dass Trump sehr auf den Iran fokussiert ist und nach Wegen sucht, das Land in der öffentlichen Meinung zu verteufeln, und dies ist ein Bereich, in dem man weiß, dass die USA und die europäischen Länder den Iran aus nächster Nähe betrachten“, sagte Josh Lederman, der die ursprüngliche NBC News Geschichte berichtete. „Also konzentrieren sie sich strategisch auf das und nicht auf Sanktionen, wo es eine große Kluft zwischen den USA und ihren Verbündeten gibt.“

Die Wahrheit ist, dass die Vorgehensweise dem alten kolonialistischen Handbuchs entspricht. In ihrem Essay „Can the Subaltern Speak“ prägte die postkoloniale Theoretikerin Gayatri Spivak den Begriff „Weiße Männer, die braune Frauen vor braunen Männern retten“, um den rassistischen, paternalistischen Prozess zu beschreiben, mit dem Kolonialmächte die Art und Weise verunglimpfen, wie Männer an der Macht mit unterdrückten Gruppen wie etwa Frauen umgehen, um damit deren gewaltsame Entfernung zu rechtfertigen. Spivak verwies auf die britische Kolonialagenda in Indien. Grennells Angriff kann daher als ein Beispiel bezeichnet werden, in dem Weiße vorgeben, braune, schwule Männer zu retten vor braunen Heteromännern, aber das eigentliche Ziel verfolgen, die Macht an sich zu reißen.

Es gibt mehrere Anzeichen dafür, dass diese Entscheidung eher im kolonialen Sinn als Bevormundung denn als wahrer Altruismus bezeichnet werden muss. Dem Bericht zufolge soll die Entkriminalisierungskampagne in Berlin beginnen, wo sich LGBTQ+-Aktivisten aus ganz Europa treffen werden, um einen Plan auszuarbeiten, der sich „vor allem im Nahen Osten, in Afrika und in der Karibik konzentrieren“ soll.

Allein dieser Satz sollte mehrere Alarmglocken auslösen. Erstens sind der Nahe Osten, Afrika und die Karibik riesige geopolitische Einheiten. Die Einstellungen gegenüber Homosexuellen unterscheiden sich stark zwischen den Ländern und Regionen innerhalb dieser Einheiten. Dazu entspricht der Versuch, europäische Aktivisten in eine Lage zu versetzen, dass sie über die Schwulenthemen in diesen Regionen bestimmen können, der Lehrbuchdefinition für Paternalismus.

Laut Lederman sind die Namen der Aktivisten, die an dem für Dienstagabend in Berlin geplanten Abendessen teilnehmen noch nicht bekannt, aber sie kommen aus einem Dutzend europäischer Länder, darunter Länder aus Ost- und Mitteleuropa, wo der Rechtsschutz für LGBTQ+ Menschen schwächer ist als in Westeuropa. Die Namen der Aktivisten werden verschwiegen, da einige nicht bereit sind, öffentlich identifiziert zu werden.

Lederman sagt, dass die Teilnehmer über die Initiative meinen, dass sie noch „in der Mache“ sei, und dass die Ankündigungen bereits gemacht wurden, obwohl „es immer hinsichtlich der Vorgehensweise noch eine Menge auszuarbeiten gibt". Lederman bestätigte jedoch, dass Aktivisten aus den Ländern der diskutierten Regionen - aus Afrika, dem Mittleren Osten und der Karibik - derzeit nicht an den Diskussionstisch gebracht werden.

„Sie sind sich nicht sicher, wie die fertige Kampagne aussehen wird“, und auch wenn er meint, dass sie möglicherweise Menschen aus betroffenen Regionen „zu einem zukünftigen Zeitpunkt einladen könnten“, geht es aktuell nur um das Festlegen der Kampagnendetails.

Lederman plant, sich mit Grennell sowie mehreren Aktivisten, die am Dinner Meeting in Berlin teilnahmen, zu einem Interview zusammenzusetzen, das zu einem späteren Zeitpunkt auf MSNBC ausgestrahlt wird.

Obwohl es Pläne gibt, lokale LGBTQ+ Interessengruppen an den Tisch zu holen ist es bedenklich, dass sie zu Beginn der Planungen nicht anwesend sind. Die Einladung europäischer Aktivisten zur Lösung von Problemen im Nahen Osten, in Afrika oder in der Karibik – Regionen, die alles andere als monolithisch sind - ist eine zahnloses Unterfangen und mehr PR als progressiv.

Kolonialismus also. Ich frage mich, ob die evangelikalen Fundamentalisten und Mormonen im „Bible Belt“ der USA das auch so empfinden, wenn ihnen Schwulenaktivisten aus New York und San Francisco vorschreiben wollen, wie sie zu leben haben.