25. November 2018

Analyse: Braunkohlestrom unter Einbeziehung aller Umweltkosten auf absehare Zeit wesentlich günstiger als Photovoltaik und Windkraft


(Bildquelle)

Eine Analyse des Umweltbundesamtes aus diesem Jahr berechnete die gesellschaftlichen Kosten jener Umweltbelastungen, die von der Stromerzeugung ausgehen. Das erstaunliche Ergebnis besteht nicht etwa darin, dass uns Wind- und Sonne zum Ökonulltarif Strom spenden, weil „sie keine Rechnung schicken“, wie es so schön heißt. Vielmehr zeigt sich bei genauerem Hinsehen, dass sie in ihrer belastenden Wirkung für die Umwelt in Kombination mit dem Erzeugungspreis noch immer weit hinter den fossilen Energieträgern zurückliegen und sich dies nicht so schnell ändern wird.


Solar und Wind liegen weit vorne bei der Umweltverträglichkeit



Die Erbsenzähler beim Umweltbundesamt waren fleißig und haben gemeinsam mit „Fachleuten mehrerer Institute“ die bei der Produktion von Strom entstehenden Umweltkosten berechnet. Das Ziel bestand darin, eine Grundlage zu schaffen für eine bessere Kostenzurechnung von Umweltschäden, so dass zu einem späteren Zeitpunkt die eigentlichen Verursacher mit den Kosten der Umweltzerstörung belastet werden können. Mit Verursachern gemeint sind dabei natürlich die Elektrizitätswerke unseres Landes.

Unter Umweltzerstörung wird allerdings nicht alles verstanden, was bei der Stromproduktion der Umwelt schadet, sondern nur das, was voraussichtlich zum Klimawandel beitragen wird. Wenn also beispielsweise ein Windrad einen Schwarm seltener Vögel schreddert, dann wird dies genauso wenig miteinbezogen, wie das Loch in der Erde, in der die für die Photovoltaik wichtigen Seltenen Erden ausgegraben werden, weil beides den künftigen Temperaturverlauf auf der Erde nicht nennenswert beeinflussen wird.

Sehr wohl einbezogen aber wird der CO2 Ausstoß, da dieser vom Umweltbundesamt als hauptverantwortlich erklärt wurde für die künftig erwartete Negativentwicklung des Klimas, der für das UBA einzig relevanten Kenngröße für kommende Umweltschäden. Neben Kohlendioxid werden dazu auch andere Luftschadstoffe und Gase mit einberechnet, denen eine Klimawirkung nachgesagt wird. Namentlich vor allem Lachgas und Methan, wobei das CO2 allerdings den Löwenanteil der erwarteten Klimabelastung ausmachen soll.

Die Ergebnisse der Umweltkostenberechnung für den Strom wurde getrennt nach Erzeugertyp und normiert auf die produzierte Kilowattstunde Hier das Ergebnis der reinen Umweltkosten:
(Bildquelle)

 
Wie man leicht erkennen kann, liegt der Braunkohlestrom mit knapp 11 Cent pro erzeugter KWh weit hinten bei der Umweltverträglichkeit. Leicht besser als die Braunkohle kommen dann die übrigen fossilen Energieträger, wobei das Erdgas am besten abschneidet und fast sogar mit der Biomasse (vulgo „Kuhscheiße“) mithalten kann.

Am anderen Ende des Spektrums liegen die erneuerbaren Stromquellen, wobei die Wasserkraft ganz vorne liegt, allerdings in unseren Breiten bereits voll ausgebaut ist und künftig wohl keine größere Rolle mehr erhalten wird.

Bleiben noch Wind und Photovoltaik, wobei die Windkraft zu meiner eigenen Überraschung nur knapp ein Fünftel der Photovoltaikumweltkosten verursacht. Vermutlich wird nicht nur der Vogeltod ignoriert in der Berechnung, sondern auch die Tatsache, dass pro großem Windrad mit 5MWp Leistung mindestens ein Hektar Wald abgeholzt und zubetoniert werden muss.

Blickt man also nur auf die Umweltkosten, dann müsste der vernunftgesteuerte Stromkonsument sofort mit einem Umstieg auf erneuerbare Energien reagieren. Leider aber gibt es noch ein paar andere Kosten, die in der Umweltkostenrechnung nicht einbezogen sind.



Die Stromerzugungskosten nach Herstellungsart



Zu meiner Verwunderung lässt die Analyse außen vor, dass bei der Stromerzeugung nicht nur Umweltkosten entstehen, sondern auch konventionelle Kosten etwa für Personal, Abschreibungen, sowie Steuern und Versicherungen. Diese konventionellen Kosten mögen aus der Perspektive des Umweltschutzes nicht bedeutend sein, für den Stromkunden jedoch sind sie überaus relevant.

Zum Glück gibt es noch das Fraunhofer Institut für solare Energiesysteme wo berechnet wurde, was der Strom denn eigentlich kostet wenn man die Umweltkosten einmal außen vor lässt. Da der verlinkte ISE Bericht wie die Analyse des Umweltbundesamtes von März 2018 stammen vermute ich sogar, dass UBA und ISE bei den beiden Berichten zusammengearbeitet haben und beides eigentlich Teil eines größeren Ganzen ist. Leider wird das nicht ganz klar, es bleibt also eine Vermutung.

Gleich auf Seite 2 finden wir ein Diagramm, in dem die Herstellungskosten aufgelistet sind, wobei für jeden Erzeugungstyp ein Spektrum angegeben wird, und Wind- und Solarenergie sogar in zwei beziehungsweise drei unterschiedliche Typen unterteilt sind. Der Einfachheit halber werde ich Wind- und Solar als Eins betrachten und mich bei allen Typen auf die mittlere Kostenschätzung beschränken. Daraus ergeben sich die folgenden Zahlen:



Das Bild von oben dreht sich also, wie man unschwer erkennen kann. Braunkohlestrom mag zwar „schmutzig“ sein, aber er ist auch überaus billig in der Herstellung. Gleichzeitig steht das Erdgas äußerst schlecht da, während die erneuerbaren Energieträger in dieser Rechnung mittig abschneiden.

Außen vor bleibt in dieser Tabelle die Wasserkraft, aber wie oben bereits erwähnt wird sie keine nennenswerte Rolle mehr spielen bei der weiteren Entwicklung des deutschen Stromerzeugungsparks. Ebenfalls außen vor bleiben die im ISE Bericht erwähnten „GuD“ Kraftwerke, da sie bei den Umweltkosten nicht extra aufgeführt werden. (Und auch Atomkraftwerke bleiben außen vor.)

Für eine abschließende Opportunitätenrechnung mit Herstellungs- und Umweltkosten müssen nun noch die ermittelten Zahlen addiert werden. Es ergibt sich:


Während auffällt, dass die kosten- wie umwelttechnisch teuerste Erzeugerform nur noch gut doppelt so teuer ist wie die günstigste, so stellt die Gesamtrechnung die ursprüngliche Reihenfolge nach dem Umweltgesichtspunkt fast wieder her. Wind und PV liegen deutlich vorne, während der Rest signifikant hinterher hinkt und selbst die Biomasse schneidet unter Einbeziehung aller Kosten nicht mehr wirklich besser ab als die fossilen Energieträger.

Nur, sind das alle Kosten, oder gibt es da vielleicht noch einen weiteren relevanten Posten? Es gibt ihn und er nennt sich wahlweise „Grundlastfähigkeit“ oder „Terminierbarkeit“. Mal sehen, wie die Erzeugungstypen abschneiden, wenn man den Punkt mit einbezieht in die Rechnung...



Die Berechnung der Grundlastfähigkeit



Eigentlich gibt es noch einen weiteren relevanten Gesichtspunkt, das sollte ich kurz noch erwähnen. Es geht um die Skalierbarkeit, also um die Kapazitäten, um die ein Energiesystem noch ausgebaut werden kann. Die Wasserkraft ist das Paradebeispiel dafür, da so gut wie alle Flüsse und Seen bereits ans Netz angeschlossen sind, wo dies rentabel und unter Zustimmung der Betroffenen möglich ist. Viel ist also nicht mehr drin bei der Wasserkraft. Allerdings sind auch Windkraft und Biomasse nur begrenzt zubaufähig, da irgendwann alle windreichen Orte zugestellt sind und auch die Masse der Enddarmausscheidungen ist begrenzt.

Nun aber zur Grundlastfähigkeit. Bei Erdgas und Kohle entstehen dafür keine Extrakosten, wobei vielleicht dazu gesagt werden sollte, dass das Anfeuern eines Kohlekraftwerks überaus teuer ist. Läuft es jedoch erst einmal, dann läuft es durch und liefert zuverlässig Strom.

Etwas anders sieht es bei Photovoltaik und Windkraft aus, die lediglich hinsichtlich des Abschaltens zuverlässig sind. Für ihren Strom braucht es Speicher und da die Wasserkraft nur einen Bruchteil des Stroms speichern kann hat man entweder die Wahl, zum Ausgleich günstig und flexibel hochfahrbare Gaskraftwerke einzusetzen oder aber man baut einen Batteriepark auf.

Für die Lösung mit Erdgaskraftwerken muss man die effektiven Kosten für Erdgas und Photovoltaik/Wind aufaddieren und kommt auf einen Erzeugungswert für Strom von ungefähr 30 Cent pro KWh, was sehr teuer ist. Dazu sind in dieser Kombination deutliche Kostensenkungen durch F&E Bemühungen eher unwahrscheinlich, da beide Technologien bereits recht gute Ergebnisse liefern. Mehr als ein Prozent an Kostensenkungen pro Jahr sehe ich nicht, wodurch die Kombination mit Erdgaskraftwerken erst in ungefähr 40 Jahren mit der Braunkohle mithalten könnte.

Bleiben noch elektrochemische Speicher. Der Preis für eine moderne Lithium-Ionenbatterie für die Stromspeicherung im Haus liegt aktuell bei ungefähr 500 Euro pro KWh ohne Installation oder zusätzlich benötigte Geräte, wie man bei Teslamag über Powerwall vom Marktführer Tesla nachlesen kann. Davon muss man noch die Mehrwertsteuer abziehen, sowie den Rabatt für große Margen und so kommen wir aktuell in etwa auf 400 Euro pro KWh.

Der zweite wichtige Faktor beim Batteriepreis besteht in der Garantiedauer. Im Datenblatt zur Garantie der Tesla Powerwall lässt sich nachlesen, dass die Garantie 10 Jahren beträgt und dies bei einer 80 Prozent der Akkuleistung. Aufgrund der letzten Bedingung müssen wir den KWh Preis also noch einmal korrigieren und kommen auf 500 Euro pro KWh. Diese Zahl muss nun noch durch 3652,5 Tage geteilt werden und erhalten final den Preis für die tägiche Speicherung von einer KWh Strom.

Im Ergebnis kostet die Speicherung einer KWh Strom 13,7 Cent pro Tag.

Addiert man die Speicherkosten zur den Gesamtkosten für PV/Wind, dann ist die Variante zwar noch immer teurer als die Braunkohle, allerdings nur marginal. Die mit Abstand teuerste Lösung bleibt damit die Kombination aus Erdgas und PV/Windkraft.

Eine wichtige Frage zu dieser EE+Batterie Lösung ist, wie sich die Preise der Batteriespeicherung entwickeln werden. Immerhin handelt es sich dabei um einen global umkämpften Innovationswettbewerb, was die Preisentwicklung der letzten Jahre bereits gezeigt hat. Es kann gut sein, dass es so weiter geht, wobei die Effizienzgewinne aufgrund der bereits intensiven F&E Tätigkeiten sehr wahrscheinlich etwas geringer ausfallen werden als in der Vergangenheit.

Für die Berechnung der Dauer, bis die Kombination aus PV/Wind und Batterien günstiger sein wird als fossile Stromerzeugungsformen möchte ich jährliche Kostensenkungen von durchschnittlich fünf Prozent annehmen. Gleichzeitig werde ich davon ausgehen, dass bei der Stromerzeugung keine weiteren Effizienzgewinne erzielt werden (eine eher unrealistische Annahme).

Hier die Tabelle mit den Erwartungswerten, wann die Lösung mit EE+Batterie die Braunkohle schlagen wird:



Es wird also noch mindestens bis zum Jahr 2029 dauern, bis die Erneuerbaren Energiesysteme unter Einbeziehung aller relevanter Kostenfaktoren die Braunkohle schlagen können – und dies wohlgemerkt bei jährlichen Preissenkungen im Batteriebereich von fünf Prozent. Nimmt man einen geringeren Wert von beispielsweise drei Prozent, dann wird es noch satte 20 Jahre dauern, bis es so weit ist.


Ist jetzt alles drin? Nein, es fehlt noch etwas...



Auch Batterien belasten die Umwelt und zwar vielleicht noch deutlich intensiver als alles andere. Diesen Kostenfaktor habe ich völlig außen vor gelassen - genau so wie ihn übrigens auch das Umweltbundesamt außen vor gelassen hat. Dies, obwohl die Batteriespeicherung eminent wichtig ist für den Ausbau der erneuerbaren Stromerzeugungssysteme und man PV und Wind kaum seriös ohne eine angehängte Batterie betrachten kann.

Unter Berücksichtigung dieser weiteren Umweltbelastung durch die benötigte Batterietechnik aber steigen die Kosten noch weiter und es wird noch mindestens bis Mitte dieses Jahrhunderts dauern, bis unter Berücksichtigung der Erzeugungs- wie Umweltkosten erneuerbare Energiequellen mithalten können mit der schäbigen alten Braunkohle.

Dem Bundesumweltamt scheint das egal zu sein, sonst hätten sie es der Ehrlichkeit halber mit einbezogen. Allerdings scheint man dort generell nur all jenes in die Analyse einzubeziehen, das den eigenen ideologischen Standpunkt unterstützt.

Blickt man im Artikel über die Analyse der Umweltkosten nämlich ganz nach unten, dann findet man zum Abschluss noch eine Tabelle mit den „Umweltkosten für verschiedene Fahrzeugtypen“. Darunter PKW, LKW, Motorräder, Züge.. und?

Nein, nicht nur Fahrräder und Eselskarren fehlen, auch Flugzeuge fehlen. Ausgerechnet das Lieblingsfortbewegungsmittel der Grünen mit dynamisch wachsendem Aufkommen hat man lieber mal ausgespart. Warum wohl?



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