Die „Pantoffelrevolution“: Weißrussland im Visier der Farbenrevolutionäre


Altert wie ein Hollywood Star (Bildquelle 1,2)

In diesem Artikel bei Telepolis über den weißrussischen Umgang mit dem Coronavirus erfährt man ganz nebenbei, wie von Polens Hauptstadt aus Angstpropaganda in Richtung Minsk gesendet wird. Ganz so, als hätte Polen keine anderen Probleme, zeigen sie nicht nur den ehemals im heutigen Staatsgebiet Polens ansässigen Deutschen den Mittelfinger. Nein, das politische Polen streckt seine Finger auch aus nach jenen Gebieten, die Polen vor der stalinschen Westverschiebung sein Eigen nannte. Dort ist heute Weißrussland, dem letzten von einem Diktator regierten europäischen Land, wie es so schön heißt (und dem es nichts ausmacht, als solcher bezeichnet zu werden), der aber möglicherweise bald der Vergangenheit angehören könnte. Denn interessierte Kreise basteln gerade fleißig an einer weiteren „Farbenrevolution“, wie wir sie von Kiew bis Seattle schon allzu oft erleben durften.


Moon of Alabama: Weißrussland - Eine von den USA geförderte Farbrevolution ist im Gange


Wenn die USA einen Versuch unternehmen, über zivile Unruhen eine ausländische Regierung zu stürzen, dann wird der angezettelte Aufstand gewöhnlich nach einer Farbe oder manchmal nach einer Blume benannt. So hatten wir eine „Rosenrevolution“ in Georgien, eine „grüne Bewegung“ im Iran und eine „orangefarbene Revolution“ in der Ukraine.

Inzwischen jedoch scheinen der CIA und ihren Vorfeldorganisationen die Farben ausgegangen zu sein. Wie sonst ließe sich erklären, dass sie ihren neuesten Ansatz in Weißrussland als „Pantoffelrevolution“ bezeichnen?

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Nein, der Guardian, der gerade etwas darüber unter der Schlagzeile „Pantoffelrevolution“ veröffentlichte, den Titel aber schnell wieder abänderte, ist nicht von selbst auf diesen dummen Spitznamen gekommen.

Vielmehr war es der vom US-Außenministerium finanzierte Fernsehsender Belsat.eu, wo am 31. Mai das erste Mal die ominöse Pantoffel als Symbol des Protests in einer Bildunterschrift erwähnt wurde.

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In einer Titelzeile fand der Begriff erstmals am 6. Juni Eingang, als der von der US-Regierung finanzierte Sender RFE/RL prominent erwähnt wurde.

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Gerade erste erwähnten die US-Regierung und der von der NATO finanzierte Atlantikrat den Begriff der Pantoffel erstmals in einem Beitrag über Weißrussland. Das in Washington DC ansässige und finanzierte Center for European Policy Analysis vermied die Erwähnung von „Pantoffel“, aber dennoch schrieben sie einen ganzen Artikel im Zusammenhang mit Weißrussland darüber.

Wenn diese von westlichen Regierungen finanzierten Organisationen und Medien zur gleichen Zeit mit eingehenden Artikeln über ein noch nicht verwestlichtes Land aufwarten, dann kann man sicher sein, dass etwas im Busch ist. Jemand hat diese Leute offenbar entsprechend instruiert.

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Was ist also los in Weißrussland?


Zunächst einmal hat das Land eine interessante geographische Lage und befindet sich zwischen NATO-Mitgliedsländern und Russland.

Mit etwa 9,5 Millionen Einwohnern hat Weißrussland eine eher kleine Einwohnerzahl. Seit 1994 wird es von Präsident Alexander Lukaschenko regiert. Er hat sich an die Politik der Sowjet-Ära gehalten. Das Land hat eine gut entwickelte Industrie, die hauptsächlich schwere Maschinen exportiert. Große Teile der Wirtschaft sind nach wie vor in Staatsbesitz und unterstützen die lokalen Städte und Gemeinden. Damit hat das Land jene wirtschaftliche Katastrophe vermieden, die sich in Russland unter Boris Jelzin ereignete, gleichzeitig aber wurde dadurch auch die unter Präsident Wladimir Putin vollzogene wirtschaftliche Entwicklung verpasst, die Russland in nur einem Jahrzehnt sehr viel Wohlstand brachte.

Seit 1995 besteht zwischen Russland und Weißrussland ein Abkommen zur Gründung eines gemeinsamen Unionsstaates:

„Der Unionsstaat räumt den Bürgern Russlands und Weißrusslands das Recht ein, in beiden Ländern zu arbeiten und sich dort dauerhaft niederzulassen und das ohne formelle Einwanderungsverfahren, die für Ausländer normalerweise obligatorisch sind. Ihre nationalen Pässe und andere Ausweispapiere sind gegenseitig voll gültig.“

Der 1999 unterzeichnete Vertrag beinhaltet auch eine gemeinsame Verteidigungspolitik, eine wirtschaftliche Integration, sowie ein Unionsparlament und andere Institutionen. Er zielt im Wesentlichen darauf ab, Weißrussland (und weitere Staaten der ehemaligen Sowjetunion) in Russland zu reintegrieren. Innerhalb eines vollwertigen Unionsstaates jedoch müsste Lukaschenkos eine starke Schmälerung seiner persönlichen Rolle akzeptieren. Deswegen hat er in der Vergangenheit immer dann einen Rückzieher gemacht, wenn Russland versuchte, auf weitere Schritte hin zur Unionisierung zu drängen.

Beispielsweise hat Russland lange Zeit die Preise für nach Weißrussland geliefertes Erdgas und Rohöl subventioniert. Das Öl verwendet das Land nur teilweise selbst. Vieles wird lediglich raffiniert und gegen harte Währungen an westliche Märkte verkauft. Das subventionierte Öl war bis vor kurzem die „Integrationsrente“ durch Russland, um sich Weißrussland nahe zu halten.

Ende 2019 trafen sich Lukaschenko und Putin zu einem Gipfeltreffen in Sotschi. Putin drängte erneut auf weitere Integrationsschritte, während sich Lukaschenko wie immer zögerlich zeigte. In der Folge senkte Russland seine „Integrationsrente“ und begann, einen höheren Preis für das gelieferte Öl zu verlangen.

Nach der Rückkehr aus Sotschi und angesichts einer schrumpfenden Wirtschaft änderte Lukaschenko seinen Kurs. Er hofierte nun offen den USA und anderen westlichen Ländern und betonte plötzlich die weißrussische Souveränität. Dabei kaufte er sogar US-amerikanisches Schieferöl:

„Lukaschenko hat lange Zeit die Balance gehalten und blieb Russland nahe, wenn auch nicht zu nahe. Er legt der russischen Politik nur selten Steine in den Weg. Aber Lukaschenko hat sich auch dem Drängen des Kremls widersetzt, die beiden Länder zu einem Einheitsstaat zusammenzuführen - etwas, auf das sich die beiden Länder im Jahr 1999 einigten.
[..]
Nachdem sich die beiden Länder im Dezember nicht auf einen neuen Ölpreis einigen konnten, da stellte Russland seine Lieferungen vorübergehend ein. Lukaschenko gelobte daraufhin, die Öllieferanten für Weißrussland zu diversifizieren. In den vergangenen fünf Monaten kaufte das Weißrussland daraufhin Öl aus Aserbaidschan, Norwegen und Saudi-Arabien, wobei das Land vom Coronavirus-induzierten Ölpreisschock profitierte.
[..]
Pompeo besuchte Anfang Februar Minsk und bot Lukaschenko dabei amerikanisches Öl ‚zu einem wettbewerbsfähigen Preis‘ an. Es war die erste Reise des führenden US-Diplomaten nach Belarus seit der Machtübernahme Lukaschenkos. Im April nahmen die beiden Länder dann formell wieder diplomatische Beziehungen auf, als Julie Fisher, eine Spitzenbeamtin des Außenministeriums für Europa zur US-Botschafterin in Weißrussland ernannt wurde - eine Position, die mehr als ein Jahrzehnt lang unbesetzt blieb.“

Lukaschenkos überaus freche Entscheidung, anderswo Öl einkaufen zu gehen, funktionierte bis zu einem gewissen Grad. Im Mai erklärte sich Russland erneut bereit, Öl nach Weißrussland zu liefern, allerdings nur halb so viel wie in den Vorjahren.

Die Annäherung von Minsk an den „Westen“ aber hat auch ihren Preis. Ein US-Botschafter in der Stadt bedeutet, dass die Pläne für einen „Regime Change“ nie weit weg sind. Die plötzliche Aufmerksamkeit, die Weißrussland jetzt von Organisationen in der Umlaufbahn amerikanischer Interessen erhält, sind ein sicheres Zeichen dafür, dass an einem Aufstand gearbeitet wird.

Am 9. August finden in Weißrussland Präsidentschaftswahlen statt


Farbenrevolutionen werden gewöhnlich infolge umstrittener Wahlen angestoßen. Dabei werden meist noch vor der Wahl öffentlich die kommenden Wahlergebnisse in Zweifel gezogen. Kommen die Ergebnisse schließlich rein, dann schießen sich westliche Medien darauf ein, dass diese von den Erwartungen so weit abweichen, dass sie nur gefälscht worden sein mussten. Dann folgt die Phase, in denen die Menschen für Proteste auf die Straße gedrängt werden. Manchmal wird das Chaos wie etwa in der Ukraine geschehen gezielt über den Einsatz von Scharfschützen vergrößert, die wahllos auf Polizisten und Demonstranten schießen. Der Aufstand endet, sobald der niedergerungen ist, oder aber der Lieblingskandidat der USA in den Präsidentenpalast einzieht.

Im vergangenen Jahr finanzierte die U.S. National Endowment for Democracy [in etwa „nationale Stiftung für die Verbreitung von Demokratie“] in Weißrussland mindestens 34 Projekte und Organisationen. Die USA machen das nicht aus Nächstenliebe, sondern um einen Wandel im eigenen Interesse herbeizuführen.

Im aktuellen weißrussischen Präsidentschaftswahlkampf scheinen die USA mindestens zwei Kandidaten im Rennen zu haben. Beim ersten handelt es sich um einen Nawalni-artigen „Pantoffelhelden“, der auf das Aufwiegeln aus ist:

„In der Anfangsphase des laufenden Wahlkampfes stehen in Städten und Gemeinden tausende Menschen vor Unterschriftenlisten Schlange, u, damit Lukaschenkos Hauptrivalen zu unterstützen. Zur Wahl zugelassen werden die Kandidaten nur dann, wenn sie sie bis Anfang Juli mindestens 100.000 Unterschriften sammeln.

Einige der Demonstranten gegen Lukaschenko haben damit begonnen, bei ihren Auftritten Hausschuhe zu schwingen als eine Reaktion auf den Aufruf des beliebten YouTubers und Präsidentschaftskandidaten Sergej Zichanouski, der den weißrussischen Präsidenten zerquetschen will „wie eine Kakerlake“. Diese martialischen Töne führten zu einem Geraune über eine mögliche „Pantoffelrevolution“ im Stile anderer Revolutionen gegen autoritäre Regimes im Einzugsgebiet der ehemaligen Sowjetunion“

So wie es aussieht muss man zwei Kandidaten ernst nehmen


„Viktor Babariko ist der ehemalige Chef der Belgazprom Bank, während Valery Tsepkalo ein ehemaliger hoher Beamter in Lukaschenkos Regierung war, der unter anderem als Botschafter in den Vereinigten Staaten diente, bevor er in jüngerer Zeit den weißrussischen Hochtechnologiepark leitete, einem der größten IT-Cluster in Mittel- und Osteuropa. Im Gegensatz zu den Marionetten und Außenseitern, die bei früheren Wahlen gegen Lukaschenko antreten durften, handelt es sich bei Babariko und Tsepkalo um gesetzte Persönlichkeiten mit der für eine erfolgreiche Staatsführung notwendigen Erfahrung im Establishment, um als Alternativen zum derzeitigen politischen Status quo ernst genommen werden zu müssen.“

Babariko als ehemaliger Chef einer Gazprom-Bank gilt dabei als Russlands bevorzugter Kandidat, während Tsepkalo wahrscheinlich derjenige ist, den die USA gerne im Amt sehen würden. Beide haben recht ähnliche neoliberale Programme, die für Privatisierung und eine offenere Wirtschaft plädieren.

Lukaschenko könnte durchaus versucht sein, Schritte zu unternehmen, die in einer Entfernung jener Kandidaten enden könnten, die seiner Position gefährlich werden. Die Polizei sagte bereits, sie habe 900.000 Dollar in einem Haus gefunden, das dem „Video-Blogger“ Tsichanouski gehört. Er wird überdies beschuldigt, die Polizei bei einer nicht genehmigten Kundgebung angegriffen zu haben. In der vergangenen Woche wurde überdies Babarikos ehemalige Bank wegen des Vorwurfs der Steuerhinterziehung durchsucht. Tsepkalo schließlich wurde als Leiter des Hochtechnologieparks entlassen, weil er sich daran bereichert hatte, wobei mehrere weitere offensichtliche Betrugsfälle gegen ihn vorgebracht werden könnten.

Die Wirtschaft Weißrusslands wird in diesem Jahr aller Wahrscheinlichkeit nach schrumpfen. Lukaschenkos Reaktion auf die Coronaepidemie war nicht weniger desaströs als jene von Trump. Die staatlichen Einnahmen aus dem Verkauf von auf billigem russischen Öl basierenden Raffinerieprodukten sind rückläufig.

Es gibt gute Gründe für einen Abgang, aber auch für einen Verbleib von Lukaschenko


Das Bruttoinlandsprodukt pro Person beträgt in Belarus rund 20.000 Dollar in Kaufkraftparitäten. Das ist doppelt so viel wie bei seinem Nachbarn Ukraine und nur rund 30% weniger als in Russland. Gleichzeitig gibt es in Weißrussland kaum Einkommensungleichheiten. Die soziale Sicherheit ist gegeben und staatliche Fürsorgedienstleistungen funktionieren weitgehend.

Es ist keineswegs abwegig, Lukaschenko einen legitimen Wahlsieg zuzutrauen. Eine Farbenrevolution auf der anderen Seite, wie sie jetzt in Vorbereitung zu sein scheint, würde das Land dagegen am Ende sehr wahrscheinlich zerreißen.

Sollte Weißrussland in die Hand eines „westlich“ gesponserten Kandidaten fallen, dann wäre die Zukunft des Landes düster. Die staatseigenen Industrien würden wohl bald schon für Wechselgeld privatisiert werden, während ein großer Teil des noch aus der Zeit der Sowjetunion stammenden Sozialsystems, das für die meisten seiner Bürger noch immer angemessen funktioniert, abgebaut werden würde. Auch die wirtschaftlichen Beziehungen zu Russland würden erheblich leiden. Für Weißrussland könnte es noch schlechter enden als für die Ukraine.

Die langfristige Zukunft Weißrussland liegt am besten bei Russland, da es die Ressourcen und das Interessen hat, dass Minsk eine fähige Führung hat. Die Volkswirtschaften beider Länder sind bereits stark integriert. Die Menschen sprechen die gleiche Sprache. Sie haben eine gemeinsame Geschichte und die gleiche Religion.

Ebenso hat Russland auch ein großes Interesse daran, Weißrussland innerhalb seines direkten Einflussbereichs zu halten. Es ist schwer vorherzusagen, wie Moskau reagieren wird, sollte sich in Minsk eine von den USA gesteuerte Farbenrevolution manifestieren.


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