Putin wagt es, der gängigen westlichen Erzählung über die Ursachen des Zweiten Weltkrieges zu widersprechen


Putin beim Geschichtsunterricht für seine Kollegen bei der OVKS (Bildschirmfoto)


Polen und der Einmarsch in der Tschechoslowakei



Wussten Sie, dass nicht nur Nazideutschland im Jahr 1938 in die Tschechoslowakei einmarschierte, sondern (unter andere) auch Polen? Mir war das bis vor einiger Zeit nicht bekannt. Das, obwohl ich im Geschichtsunterricht der Schule und auch bei zu vielen Guido-Knopp Produktionen immer gut aufgepasst habe. Üblich ist meiner Erfahrung nach stets nur die Darstellung deutscher außenpolitischer Aggression im Vorlauf zum Beginn des Zweiten Weltkriegs in Europa.

Berücksichtigt man jedoch, dass Polen offenbar nur zu gerne auf Hitlers Wink mit dem tschechischen Grenzpfahl einging und sich das tschechische Oslagebiet einverleibte, dann ergibt sich ein leicht anderes Bild. Es entlastet keineswegs die deutsche Aggression davor und im späteren Verlauf, aber es beleuchtet Polen in einem neuen Licht, das ansonsten von der offiziellen Geschichtsschreibung stets nur als Opfer dargestellt wird. 


Die (2) ging an Polen und zwar am 2. Oktober 1938 (Bildquelle)

Hitlers Kalkül, so lässt sich schließen, bestand offenbar darin, mit dem Oslagebiet den Polen ein Stückchen der Tschechei mit polnischer Bevölkerung zu geben (869 km²; 213.000 Einwohner, darunter ca. 25% Polen), um im Gegenzug Konzessionen für einen Korridor nach Ostpreußen zu erhalten, und um eine Einigung für die unter polnischer Herrschaft stehende Freie Stadt Danzig zu erzielen (1.900 km²; 415.000 Einwohner, darunter ca. 95% Deutsche).

Und "Schnap" hats gemacht (Bildquelle)

Ignoriert man hierbei für einen Moment die souveränen Rechte der damaligen Tschechoslowakei, dann war das ein Tauschangebot, das man durchaus eingehen kann. Polen jedoch schnitt sich nach dem deutschen Einmarsch zzwarbereitwillig ein Stückchen aus der Tschechei heraus, war dann allerdings nicht bereit, ebenfalls Konzessionen zu machen gegenüber Deutschland. Hitler aber wollte Ergebnisse sehen und so konnte ihm die polnische Verweigerungshaltung nicht gefallen. Folglich eskalierte die Lage weiter.

Dabei handelt es sich bei dieser Perspektive mit einer zweifelhaft agierenden polnischen Staatsführung keineswegs um eine nicht beachtenswerte Außenseitermeinung, die man nur als Revanchist - oder wie üblich als „Nazi“ - haben kann. Denn niemand geringeres als der russische Präsident Wladimir Putin hegt ganz ähnliche Gedankengänge. Selbstredend wird der Mann gemeinhin ebenfalls mit negativen Attributen versehen. Allerdings kann man davon ausgehen, dass er als Präsident Russlands mit den Archiven des KGB über erstklassiges Quellenmaterial verfügt.





Strategic Culture Foundation: Putins Hinweis für den Westen: Wer die Geschichte ignoriert ist dazu verurteilt sie zu wiederholen



Vor kurzem stach Präsident Putin in ein Hornissennest, als er die westlichen Nationen daran erinnerte, dass sie sich der Komplizenschaft schuldig machten beim Aufstieg des Nationalsozialismus in Deutschland, und zwar lange vor dem 23. August 1939, als der Molotow-Ribbentrop-Pakt unterzeichnet wurde.

Was genau war dieses Hornissennest?

Zwischen dem 19. und 24. Dezember 2019 referierte Putin mehrmals zum Thema des Faschismus, der über Europa hinwegfegte, und nahm sich dabei besonders Jozef Lipski heraus, den polnischen Botschafter in Deutschland zwischen 1934 und 1939. Er bezeichnete ihn als „Abschaum und antisemitisches Schwein, anders kann man ihn nicht beschreiben... Er teilte Hitlers antisemitische Ansichten und er versprach ihm darüber hinaus, in Warschau ein Denkmal für ihn errichten zu lassen für die Vertreibung des jüdischen Volkes [aus Polen]“.

Putin äußerte diese Worte vor allem im Kontext einer Resolution durch das EU-Parlament vom 17. September letzten Jahres, in die europäischen Staaten dazu aufgefordert werden, offiziell anzuerkennen, dass der russisch-deutsche Nichtangriffsvertrag von 1939 (genannt Molotow-Ribbentrop-Pakt) die einzige Ursache für den Zweiten Weltkrieg darstellte. Als vehementeste Unterstützer dieser Entschließung agierte die gegenwärtige polnische Regierung. Es handelt sich bei der polnischen Initiative darum um eine besonders delikate Angelegenheit, da da Polen gegenüber Russland das strategisch am besten gelegene NATO-Mitglieder ist und im Rahmen der NATO Strategie der „Dominanz im gesamten Spektrum“ den amerikanischen Raketenabwehrschirm auf seinem Territorium beherbergt.

Putin erinnerte seine Zuhörer daran, dass die wahre Schuld für den Krieg bei jenen europäischen Mächten zu suchen sei, die schon lange vor Russland Nichtangriffspakte mit Hitler geschlossen hatten, angefangen mit dem Münchner Abkommen von 1938 zwischen Frankreich, England und Deutschland. Dieses Abkommen erlaubte es letzteren, die Tschechoslowakei zu zerstückeln. Putin sagte dazu: „Lasst sie die historischen Dokumente lesen, denn dann werden sie sehen, dass das Münchner Abkommen 1938 unterzeichnet wurde: Die Führer der wichtigsten europäischen Länder - Frankreich und Großbritannien - unterzeichneten mit Hitler ein Abkommen zur Teilung der Tschechoslowakei.“

Der russische Präsident fuhr fort: „Es handelt sich heute um den selben Schlag Menschen wie jene, die mit Hitler verhandelt haben – es sind Menschen, die heute Denkmäler niederreißen lassen, die errichtet wurden für die Helden und die Soldaten der Roten Armee, die Europa und das europäische Volk von den Nazis befreit haben.“

Putins Verweis auf das „Abreißen von Denkmälern“ richtete sich direkt gegen Polen, das in den letzten 30 Jahren in systematischer Weise pro-sowjetischen Denkmäler abreißen ließ. Seit 1989 waren es Hunderte, und auch wenn es noch 200 weitere gibt, so ist deren weitere Existenz unsicher, da sich die russlandfeindliche Stimmung in Polen heute auf einem historischen Höchststand befindet. Andere ehemalige Mitglieder im Warschauer Pakt, die in den letzten Jahren zunehmend mit der Zerstörung alter sowjetischer Kriegsdenkmäler begannen sind die neonazistisch geprägte Ukraine, und dazu Tschechien und Bulgarien.

Putins Ausführungen enthielten noch eine weitere unbequeme Tatsache: Die nazifreundliche Haltung des damaligen polnischen Botschafters, sowie die nazifreundliche Politik durch England und Frankreich waren in den Jahren vor dem 2. Weltkrieg nicht einzigartig. Tatsache ist, dass die Eugenik als rassistische Quasi-Wissenschaft in den 1920er und 1930er Jahren in weiten Teilen des westlichen politischen und wissenschaftlichen Establishments des Westens eine nahezu religiöse Anhängerschaft erlangt hatte. Anhänger der Eugenik gab es beispielsweise in ganz England, wobei zu deren führenden Anhängern Persönlichkeiten wie Sir Winston Churchill gehörten, wie auch der britische Faschistenführer Sir Oswald Mosley und selbst König Edward VIII. Sie alle sahen eine große Bedeutung in der „Reinigung der Rasse“.

Noch 1933 bezeichnete Churchill Mussolini als „den größten Gesetzgeber der Menschheit“ und erklärte 1938: „Sollte England jemals eine nationale Katastrophe erleiden, dann sollte es zu Gott beten und darum bitten, dass ihm ein Mann mit der Geistesstärke und der Willenskraft eines Adolf Hitlers gesendet wird“.

Das französische Vichy-Regime hatte sich unter der Führung des rabiat antisemitischen Feldmarschalls Petain, der nur allzu gerne mit den Nazis kollaborierte, die Eugenik auf die Fahnen geschrieben. Es wird allzu leicht übersehen, dass selbst die deutschen Sterilisationsgesetze auf amerikanischem und kanadischem Vorbild basierten, die bereits Jahrzehnten davor existierten. Es kann als nicht weniger als peinlich für den Westen bezeichnet werden, dass die Rockefeller- und Carnegie-Stiftungen seit 1912 Geld an westliche und deutsche Universitäten gleichermaßen vergaben, um der „Wissenschaft der Rassenreinigung“ den Anschein der Legitimation zu geben, was in Wahrheit allerdings nur als Tarnanstrich diente für „Bevölkerungskontrolle“.

Schließlich sollten wir nicht vergessen, dass dieselben Banken an der Wall Street und der City of London, die heute auf eine globale faschistische Weltregierung drängen, in den zehn Jahren vor dem Zweiten Weltkrieg mit Begeisterung ihr Vermögen in den faschistischen Kriegskassen angelegt hatten.

Wenn Putin also öffentlich die Heuchelei der westlichen Nationen anprangert, die zu verblendet sind, um ihre eigene Vergangenheit zu sehen, dann ist er nicht so sehr über die Vergangenheit besorgt. Vielmehr ist es ein Hinweis darauf, dass ihm klar ist, dass all jene, die ihre wirkliche Geschichte ignorieren dazu verdammt sind, sie irgendwann zu wiederholen.


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