Der Anbau von Cannabis ist für bis zu vier Prozent des gesamten Stromverbrauchs verantwortlich


Stromfresser Gras (Bildquelle)

Oilprice.com: Das schmutzige Stromgeheimnis der Cannabisindustrie



Die durchschnittliche Marihuanapflanze ist ein eher unscheinbares, waldgrünes Unkraut, das sich gut in die Natur einfügt. Die schmutzige Wahrheit ist jedoch, dass im Geschäft des Cannabisanbaus die Pflanze zwar grün sein mag, der Rest jedoch ganz und gar nicht. Tatsächlich ist der Anbau von Pot so energieintensiv, dass sein ökologischer Fußabdruck auf dem Weg ist, zu einem ökologischen Albtraum zu werden.

Die 344 Milliarden Dollar schwere Cannabisindustrie [pro Kopf und Jahr 1.000 Dollar!] ist eine der energieintensivsten der USA, da der industrielle Anbau des Krauts in der Regel verbunden ist mit Heizungs-, Belüftungs- und Klimaanlagen, Ventilatoren und einer rund um die Uhr laufende Beleuchtung für den optimalen Wuchs.

Die große Frage ist, wie viel Strom die gesamte amerikanische Marihuanaindustrie verbraucht. Die Antwort darauf hat kaum zu glaubende Dimensionen.

Laut Joseph Maskell, dem Gründer und Präsidenten des Cannabisunternehmens AAXLL, ist der exorbitante Stromverbrauch für den Anbau die große Schwachstelle des Geschäfts, der er mit seinem Geschäftsmodell begegnen will.

„Der Schlüssel in dieser aufstrebenden Industrie ist es, dass man seine Produktionsmittel minimal hälft“, sagt Maskell.

„Da in der Marihuanaindustrie alleine für die Elektrizität Milliarden ausgegeben werden, wird es sehr schwer sein für alle Unternehmen, die nächste Kosolidierungsrunde am Markt zu überleben, wobei all jene die besten Aussichten haben, die nur geringe Kapitalkosten zu bewältigen haben, also ohne Lager, Gebäude und Maschinen auskommen.“

Bereits 2016, nachdem der US-Bundesstaat Oregon Marihuana für den Konsum legalisiert hatte, verzeichnete das Elektrizitätsunternehmen Pacific Power in Portland sieben Stromausfälle, die das Unternehmen allesamt auf die hohe Nachfrage aus der Marihuanaproduktion zurückführte.

Seit der Legalisierung in Colorado wiederum war der Marihuanaanbau in Denver für gut 45% des Anstiegs des Strombedarfs oder „Lastzuwachses“ verantwortlich.

Die Konsequenz daraus: Investoren im Cannabisgeschäft sehen sich konfrontiert mit der Elektrizität als dem knappen Faktor im Geschäft und müssen ihre Investitionen daher an diesen anpassen.


Ein unbändiger Stromhunger


Der Stromverbrauch von Marihuanaanbauhäusern ist schwindelerregend hoch, wenn man ihn mit dem Verbrauch von durchschnittlichen Gewerben oder Privathaushalten vergleicht.

Im Jahr 2014 hat das NPCC errechnet, dass für die Herstellung eines einzigen Kilogramms Marihuana 4.000 bis 6.000 Kilowattstunden Strom benötigt werden. Die Stromkosten machen dabei bis zu 20% der Gesamtkosten der Produktion aus.

Im Jahr 2015 wurde geschätzt, dass eine 460m² große Gewächshausanlage im Bezirk Boulder in Colorado über 41 MWh pro Monat verbraucht – das entspricht fast dem 66-fachen des durchschnittlichen Verbrauchs eines Haushalts in Boulder. Umgelegt auf den Gesamtstromverbrauch der Stadt war der Anbau von Marihuana von 2 Prozent der gesamten Nachfrage verantwortlich.

Auch aktuellere Verbrauchsschätzungen sind nicht sehr ermutigend, auch wenn die Branche inzwischen besser auf ihren Energieverbrauch achtet.

Evan Mills, ein Wissenschaftler am Lawrence Berkeley National Laboratory, etwa meint, dass die Produktion von legalem Marihuana in den USA 1% der gesamten Elektrizität des Landes oder 41,71 Milliarden KWh an Strom verbraucht mit Kosten, die sich auf 6 Milliarden Dollar belaufen.

Das ist genug Strom, um damit 3,8 Millionen Haushalte oder den gesamten Bundesstaat Georgia zu versorgen. Bei der Erzeugung dieser Menge an Strom werden 15 Millionen Tonnen Treibhausgasemissionen (CO2) ausgestoßen, was ungefähr dem entspricht, was durchschnittlich jedes Jahr von drei Millionen Autos emittiert wird.

Laut Maskell von AAXLL könnten die tatsächlichen Zahlen aber noch deutlich darüber liegen.

Eine Studie von New Frontier Data aus dem Jahr 2017 etwa hat ergeben, dass noch immer nur 25% des Marihuanas legal produziert wird. Das überrascht kaum angesichts dessen, dass Marihuana für den Privatgebrauch nur in elf Bundesstaaten und der Hauptstaat Washington DC legal ist. Hochgerechnet könnte der Anbau von Marihuana für bis 3-4% des Stromverbrauchs des Landes verantwortlich sein.

Offensichtlich ist, dass ein derartig exorbitanter Stromverbrauch die Energieinfrastruktur stark belastet, was die wegen des Anbaus verursachten Stromausfälle an der Westküste unterstreichen. Steven Corson von Portland General Electric (PGE) beklagte: „Wir erheben keine gesonderten Zahlen hinsichtlich des Verbrauchs durch Cannabisproduzenten, allerdings haben einige von ihnen eine brenzlige Situationen geschaffen, da sie immer wieder die bestehende Infrastruktur überlasten.“

[Zum Vergleich: In Deutschland liegt der pro Kopf Stromverbrauch bei 7.140 KWh während er in den USA bei 12.950 KWh liegt. Unter der Annahme, dass bei uns pro Kopf vergleichbar viel Marihuana produziert wird, lässt sich daraus schließen, dass der Anteil des Anbaus am deutschen Gesamtstromverbrauch bei 5-7% liegen muss.]


Fehlende Standards



Insgesamt kann der große Energiehunger der Cannabisindustrie auf die Funktionsweise der Gewächshäuser zurückgeführt werden.

Ron Flax, der in Boulder für die Gebäudesicherheit zuständig ist sagt, dass die hohe Lichtintensität innerhalb der Gewächshäuser das größte Problem darstellt, da diese viel höher ist als bei allen anderen Pflanzen. Bei Solstice beispielsweise, die im Bundesstaat Washington Gewächshäuser betreiben, werden 1.000W Hochdruckentladungslampen (HID) für die vegetative Phase des Wachstums verwendet.

In Colorado wiederum, einem der führenden Cannabisstaaten, wird der allergrößte Teil der Elektrizität aus Kohle erzeugt, wobei man dort ein Programm entwickelt hat, das den exzessiven Stromverbrauch der Produzenten verringern soll. Der Staat verlangt heute von kommerziellen Züchtern, dass sie entweder eine Gebühr von 2 Cent pro verbrauchter KWh abführen, oder aber ihren Stromverbrauch über den Einsatz erneuerbarer Energien auszugleichen (durchschnittlich kostet der Strom in Denver 11,05 Cent pro KWh).

Die Gelder aus dieser Gebühr gehen an einen speziellen Fonds, über den der Cannabisanbau nachhaltig gemacht werden soll, sowie zur Aufklärung und Beratung der Produzenten. Inzwischen gibt auch Seattle seinen Züchtern Anreize, wenn sie auf effizientere Beleuchtungstechnologien umstellen. Die dortigen Stadtwerke versprechen Züchtern, die LED-Leuchten anstelle der stromfressenden HIDs einsetzen, sechsstellige Rabatte.

Das große Problem dabei ist, dass die Marihuanaindustrie noch sehr jung ist und es an klaren Standards fehlt. So wird sogar in Staaten, in denen das Kraut legal ist, noch immer für den Schwarzmarkt produziert, wobei in diesem Bereich Effizienzsteigerungen naheliegenderweise nicht durchsetzbar sind.

Was bleibt ist, dass es schwer ist, in einer derart energieintensiven Industrie Gewinne zu erwirtschaften. Laut Maskell wird es auf „Cannabis 2.0“ herauslaufen, wo es dann anders laufen wird. Deshalb konzentriert sich sein Unternehmen AAXLL nicht auf den kapitalintensiven Marihuanabau selbst, sondern bietet lediglich fertige Endprodukte an und kauft den Rohstoff lediglich ein. So entfällt die Stromrechnung, während gleichzeitig das Kapital in die Vermarktung der Produkte fließen kann.

Letztendlich könnte sich so entwickeln, dass die großen Abnehmer den Markt dominieren, so dass die Züchter reagieren müssen und etwa billigere Gewächshaussysteme verwenden, oder aber die Produktion ins Freie verlagern, wo die Kosten viel niedriger sind. In der Zwischenzeit aber wird es noch eine steile Lernkurve geben für die sich gerade im aufblühen befindliche Industrie.


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